bunt1 104Schon bei der Anreise bemerkte Larissa, dass etwas nicht stimmte. Die Birken trugen noch immer ihr Laub, obwohl es längst durch die Gegend wirbeln müsste. Die Vögel zwitscherten in den Zweigen, obwohl sie auf Winterreise sein sollten und es wehte ein Lüftchen, das für diese Jahreszeit viel zu lau war. Die Großeltern kamen ihnen im leichten Wams statt im warmen Mantel entgegen. Ja, Larissa dachte schon, sie wäre ein paar Monate zu früh da. Doch nein, es war bereits Mitte November. Eine Woche verging – der Winter aber wollte sich nicht einstellen. Larissa saß am Fenster und blickte zum Teich hinüber. Um diese Jahreszeit lief sie gewöhnlich Schlittschuh. War das nicht eben ein Froschquaken? Nein, das konnte nicht sein!

Teilnahmslos sah sie ihren Großeltern zu, die im Hof Holz hackten.

"He Lara, willst du uns nicht wenigstens beim Stapeln helfen?"

„Wozu die Arbeit, es ist doch warm.“, entgegnete ihre Enkelin jedoch nur.

Abends lag sie auf dem großen Küchenofen. Er war nicht geheizt und doch schwitzte sie auf dem Lammfell, in das sie sich sonst so gerne einkuschelte. „Ach ist das langweilig.“,  klagte sie lauthals und verstand die Alten nicht, die sagten: „Sei froh über die Verspätung des Winters, er wird lang und hart genug sein.“ Verärgert zog Larissa das Fell hervor und schob es an die Seite.

“Väterchen Frost...“, rief sie,  „Väterchen Frost, ich will Winter, ich will Kälte, ich will Schnee!“   

und bevor sie einschlief, murmelte sie ein letztes Mal, „ich will, ich... ich will!“